Am letzten Tag unseres Kapverden-Törns hatten wir einen Ausflug nach Santo Antão geplant. Im Revierführer las ich, dass man in Porto Novo, also direkt gegenüber von Mindelo ankern und von dort per Taxi ins Inland fahren kann. Allerdings hat uns der Vercharterer davon abgeraten. Der Ankergrund würde nicht halten, es sei zu unsicher. Da steckt man in der Zwickmühle. Wem glauben? Dem Revierführer oder dem Vercharterer? – In solchen Fällen verlasse ich mich eher auf die Locals, als auf ein Buch, das ev. nicht mehr ganz à jour ist. Wir entschieden uns am Morgen früh mit der Fähre nach Porto Novo zu fahren und am Nachmittag wieder zurück. So blieb auch mehr Zeit für den Landgang, als wenn wir die Strecke segeln würde.
Obschon es eine recht grosse Fähre war, verteilten die Angestellten fleissig Kotztüten. Das schien uns nach einer Woche Starkwindsegeln doch etwas übertrieben und wir winkten dankend ab. In Porto Novo angekommen bestaunten wir den modernen, schönen Fährterminal und stürzten und ins Gewusel der Taxi-Anbieter. Taxi, Taxi!! Hello, my friend! Do you need a taxi?! Special-Prize! Are you from Germany? – Im Verkäufer-Chaos die richtige Entscheidung zu fällen, ist nicht so mein Ding. Ich vergleiche lieber die Angebote in aller Ruhe im Internet, aber manchmal geht’s halt nur auf die laute Tour. Da ich einigermassen gut Portugiesisch spreche, schwenkten die Taxifahrer rasch auf vernünftige Preise ein. Der Tagespreis für ein Taxi beträgt 80 Euro (gemäss der offiziellen Preisliste, welche dir jeder 2. Chauffeur unter die Nase hält). Wir haben es dann auf 60 runtergehandelt. Ein akzeptabler Preis für ein 6-Personen-Taxi für einen ganzen Tag. Wir wollten bewusst kein modernes Auto, sondern noch den Old-School-Pick-Up-Style-Toyota-Transporter, wie er hier verbreitet ist. Von einer anderen Crew hörten wir später, dass sie den Tagespreis von 300 Euro auf 180 runtergehandelt haben… na ja, my friend, good prize, especially for you!!
Also, aufsitzen und los gings über Kopfsteinpflaster. Das kennt man in Europa nur von Fussgängerzonen in alten Städten, hier hat man die ganze Strasse von der einen zur anderen Inselseite so gebaut. Jeder Meter mühsame Handarbeit! Also arbeitsscheu sind die Leute nicht. Die Strasse stieg rasch die Bergflanke hoch und bald schon genossen wir eine gewaltige Aussicht über den Kanal rüber nach São Vincente. Und es wurde merklich kühler. Ich hatte zwar meine leichte Segeljacke an, aber auf lange Hosen hatte ich verzichtet. Ich Idiot!! Logisch, dass es oben auf 1400m.ü.M. kalt sein würde! Am Meer 22 Grad, oben beim alten Krater noch gefühlte 10 Grad.
Die Kapverdischen Inseln sind alle vulkanischen Ursprungs. Die meisten Vulkane sind schon lange erloschen, einer jedoch, Fogo, brach zum letzten mal vor zwei Jahren aus. Hier oben am Kraterrand von Santo Antão hätte ich mir durchaus etwas Erdwärme gewünscht. Wir stiegen aus und wanderten zur andere Seite des Kraters. Landschaft und Vegetation voralpin. Ein kurzer Aufstieg brachte uns zu einem Pass, von wo wir auf die NE-Seite der Insel Richtung Paul (ja, so heisst der Ort wirklich!) abstiegen. Von der Passhöhe sei die Aussicht atemberaubend, hiess es. Doch so viel Glück hatten wir nicht. Wir waren auf Wolkenhöhe und von der NE-Seite blies der Passatwind mit den üblichen 6-7 Bft den Nebel die Bergwand hoch. Sicht Null, Temperatur arschkalt, 60kmh Wind und ich mit Shorts – das klassische Drehbuch für eine Erkältung.
So rasch wie möglich stiegen wir ab, der Wärme entgegen. Der Fussweg wand sich in engen Kurven den Hang hinunter. Es war frisch, aber absolut faszinierend. Als wir nach einigen hundert Höhenmetern den unteren Rand der Wolkendecke erreichten, wurde es merklich wärmer. Die Sicht war auch von dieser Höhe noch grossartig. Diese Seite der Insel ist immer feucht und daher immer grün. Hier trägt Kapverde den Namen zurecht.
Bei der Verkäuferin am Wegrand wurden frische Kaffeebohnen, Bananen und Papais gekauft.
Nach etwa 2 Stunden waren wir unten im Tal angelangt und bald schon erschien unser Taxi, lud uns auf und brachte uns nach kurzer Fahrt zu einem einfachen Öko-Bio-Vegi-Restaurant, das ein deutscher Auswanderer hier in einer Scheune betreibt. Genial!
Nach dem Essen ging die Fahrt runter zur Küste und dann über die Passstrasse zurück nach Porto Novo. Passstrassen in der Schweiz folgen häufig der Talsohle und steigen dann die Bergseite hoch. Auf Santo Antão hat man die Passstrasse grösstenteils auf einem Grat gebaut. An der engsten Stelle ist der Grat gerade noch so breit wie die Strasse selbst und beidseitig geht es hunderte von Metern in die Tiefe. Hier wird angehalten für die grosse Fotosession. Wir waren von der Aussicht geflasht.
Dann wurde es zeitlich fast etwas eng und der Taxifahrer gab Gas um uns rechtzeitig nach Porto Novo zu bringen, so dass wir die Nachmittagsfähre nach Mindelo erwischten. Auch als Vollblut-Segler bleibt mir dieser Landausflug als absolutes High-Light in Erinnerung.
Wir beendeten unseren Segeltörn in Mindelo mit Hummer im Pica-Pau, einem empfohlenen Keinstrestaurant, wo ein knorriges Mannchen seit 40 Jahre leckeren Hummer zubereitet. Sowohl vom Trip-Advisor als auch von uns sehr empfohlen. 5 Sterne!