Auf einem Segeltörn zu den Liparischen Inseln begegnet man auf kleinem Raum allen vier Elementen. Wer nicht nur segeln will, sondern den Aufstieg zum aktiven Vulkankrater wagt, wird mit atemberaubender Aussicht und mit magischen Momenten belohnt.
Die Liparischen Inseln (auch Äolische Inseln genannt) liegen nördlich von Sizilien und westlich der Fussspitze des italienischen Stiefels. Sie sind bekannt durch wohlklingende Namen wie Vulcano, Lipari, Panarea, Stromboli. Die 7 Hauptinseln sind allesamt vulkanischen Ursprungs und zwei Vulkane sind heute noch aktiv. Hier ein Törnbericht.
Wir charterten in Sant’ Agata di Militello auf Sizilien. Das hat sich einfach so ergeben, weil die gewünschte Jacht dort verfügbar war. War allerdings kein Glückstreffer. Sant’ Agatha ist ein sizilianischer Fischerhafen ohne Charme mit einem Schwimmsteg für Charterjachten am Ende der Hafenmole. D.h. keine sanitären Anlagen und ein recht weiter Weg vom Parkplatz am Anfang der Mole bis zur Jacht. Der Jachtponton ist durch eine Metalltür mit Zahlenschloss gesichert, deren 6-stelliger Code (111111) kaum zu knacken ist. Es hat am Hafen eine tolle Bäckerei mit guter Pizzeria im Hinterhof (Pizzeria Agora). Nach Flug und 2h-Transfer ab Palermo lässt sich der Abend bei Pizza und Bier wunderbar überstehen. Unser Crew – bestehend aus meiner lieben Frau und mir und vier Jugendlichen um die 20, die alle irgendwie mit uns verwandt sind – waren in den Ferien angekommen.
Der erste Tag brachte uns unter Motor nach Lipari. Auch wenn die äolischen Inseln nach dem griechischen Windgott Äolus benannt sind, so verreist dieser im Sommer in seine Heimat um dort den Meltemi in Gang zu bringen. Um die Liparischen sollen sich andere kümmern. Das Revier ist im Sommer schwachwindig und manche Meile muss mit Dieselwind zurückgelegt werden. Lipari ist der einzige Ort auf dem ganzen Archipel mit Städtchen-Charakter. Da kann man auf der Hauptmeile flanieren, Gelatti schleckend unnötiges Krims-Krams kaufen und, was mich als Segler v.a. interessiert, sich bei den vielen Anbietern von Bootstouren über die spannedsten Orte der verschiedenen Inseln informieren. Meine Frau ist Italienerin mit Charme und die Ragazzi plaudern gerne mit einer netten Dame. So weisst du nach dem ersten Landgang alles über das Archipel. Ich sagte schon immer: Postkarten, Kalender und die Stände der Bootstouren-Verkäufer sind die besten Revierführer. In der Bucht nördlich des Felsvorsprungs mit dem Kastell drauf hat es 4 Mini-Marinas. Wir parkten unsere Bavaria 40 in der am nördlichsten gelegenen Marina Pignataro (Kanal 74), da dort der beste Schutz vor dem Schwell der Fähren und Tragflügelboote besteht. Von dort sind es 20 Minuten Fussmarsch bis ins Städtchen. Aber wenn ich dann abends vom ruhig liegenden Boot aus in den vorderen Jachtreihen den wilden Tanz der Masten beobachten kann, ist es mir den etwas weiteren Weg ins Städtchen wert. Und wenn nicht, gibt’s ja Taxis.
Am nächsten Tag war der erste Vulkan dran: Vulcano: Nomen est Omen. Von Lipari-Stadt nach Vulcano sind es nur 3sm. Wir wählten zum ankern die Bucht an der Ostseite, da von Westen noch etwas Schwell lief. Schon beim Ankermanöver stieg uns der Schwefelgeruch in die Nase. Gleich hinter dem Strand ist ein Schlammbad, wo man sich im vulkanischen Schwefelschlamm suhlen kann. Der Schlamm soll gesund sein, aber die Gase über dem Schlamm sind es gar nicht. Es war schon heiss genug und wir verzichteten auf dieses Vergnügen, verbrachten den Tag vor Anker und suchten Abkühlung im Wasser. Doch Abkühlung ist da nur bedingt zu finden. Überall im Wasser blubbert es. Vom Meeresboden steigen heisse Schwefelgase auf und erwärmen das ohnehin schon warme Meer.
Am späten Nachmittag setzten wir mit dem Dinghi ans Ufer über, gerüstet mit gutem Schuhwerk und viel Trinkwasser für den Aufstieg zum 300m hohen Vulkankrater. Mann war das heiss! Meine 1,5l Wasser habe ich auf dem insgesamt 3-stündigen Landgang bis zum letzten Tropfen getrunken. Der Aufstieg geht in langen Traversen über die Nordseite des Vulkans hoch zum Kraterrand, am Anfang auf weichem, schwarzen Vulkansand, später dann auf felsigem Untergrund. Nach ca. 1h steht man am Kraterrand und blickt in den Vulkan hinein. Der ist leer und macht einen aufgeräumten Eindruck.
Es gibt einen Pfad nach unten in den Krater und tatsächlich haben wir ein paar schlecht informierte Leute aus der Ferne in den Krater absteigen sehen. Dabei steht doch in jedem Reiseführer, dass man das auf keinen Fall tun darf! Vulcano spuckt zwar im Moment keine Lava, der letzte Ausbruch war 1890. Aber ständig strömen grosse Mengen an Gasen aus dem Erdinneren auf, darunter das giftige Schwefelwasserstoff. Die Gase sind schwerer als Luft und verdrängen diese im Krater was zum Erstickungstod führt. Ich war froh als die kleinen Gestalten im Krater unten wieder den Rückweg antraten.
Man kann den Krater umwandern und dabei zum 356m hohen Gipfel des Kraters aufsteigen. Wir wählten für den Aufstieg die Westflanke und waren von der Aussicht überwältigt. Vulcano ist die südlichste Insel und von dort überblickt man das gesamte Archipel. Im Nordwesten (links im Bild) heben sich Filicudi und Alicudi gegen den Abendhimmel ab. Nach Norden über den Krater blickend liegt Lipari und dahinter Salina mit ihren zwei Gipfeln. Gegen Nordosten (rechts) sieht man Panarea und hinten am Horizont den Stromboli-Kegel. Fantastisch!
Auf dem Abstieg kamen wir an der Ostseite des Kraters zu den Fumarolen-Feldern, wo am meisten schwefliges Gas aus dem Boden kommt. Das Gas kommt aus kleinen Erdspalten oder Mausloch-grossen Löchern aus dem Boden und ist bis zu 400°C heiss und. Da also besser nicht die Nase rein stecken!
Nach total 3 Stunden waren wir wieder unten, kühlten die trockene Kehle mit einem eiskalten Getränk und befreiten den Körper von Schweiss und Staub im Meer.
Einer der Youngsters wünschte auf unserem Törn einmal den Sonnenuntergang über dem Meer zu erleben. Wie gern erfüllt Papa dem Sohnemann solche Wünsche! Wir segelten also am nächsten Tag entlang der Westküste Liparis nach Norden und anschliessend in gleicher Richtung entlang der Küste von Salina. Der Anker fiel in der spektakulär gelegenen aber wenig geschützten Bucht Polara. Am Nachmittag frischte der Wind auf, die meisten Jachten hoben den Anker und legten ab. Das verunsicherte mich etwas. Ich checkte die Wetterprognose und entschied beim ursprünglichen Plan zu bleiben. Später flaute der Wind ab. Wir verbrachten den Tag beim Baden in kristallklarem Wasser und erlebten den gewünschten Bilderbuch-Sonnenuntergang. Die Jungen füllten ihre Festplatten mit Selfies…
Am nächsten Tag umrundeten wir die Insel und legte unseren Kahn in der schönen Marina auf der Ostseite der Insel mit dem Heck an den Steg. Es gibt auf den Liparischen nur zwei wirklich sichere Marinas: Lipari und Salina. In der nächsten Nacht war Westwind mit 5 Bft angekündigt, und da ich gerne ruhig schlafe, war also die teuerste Marina meiner bisherigen Segeltätigkeit angesagt. Stolze 120 Euro drückten wir für den Liegeplatz ab, Wasser und Strom noch nicht inbegriffen! Man kann sich aufregen und die ganze Marinero-Mafia in den Vulcano-Schlund wünschen, aber schlussendlich kann jeder selber entscheiden, wo er die Nacht verbringen will. Zudem weiss man es ja zum voraus und hat das nötige Kleingeld bereit.
Das Dörfchen kann man auf 2-3 parallel zum Ufer verlaufenden Strassen erkunden. Man findet nette Läden mit schönen Sachen auf einem Preisniveau, das dem der Marina entspricht. Hier haben wir unsere Essensvorräte für die weiteren Tage nachgefüllt und uns ein nettes Restaurant fürs Abendessen gesucht.
(Fortsetzung des Törnberichts im nächsten Beitrag)